24. Frido zu Besuch beim Weihnachtsmann

28. Dezember 2020

„Lockdown! Und das kurz vor Weihnachten!“, schimpfte Storchi. „So ein Mist, wie sollen nur die Geschenke unter den Tannenbaum kommen, wenn alle Geschäfte geschlossen sind?“ „Und es ist das erste Weihnachten für unsere Kinder“, fügte Frido hinzu. „Glaubst du, dass der Weihnachtsmann die Corona Situation im Blick hatte?“ „Ich weiß es nicht“, sagte Storchi. „Ist er nicht immer ziemlich spät dran und kauft die Geschenke auf den letzten Drücker? Wir müssen etwas unternehmen!“ Frido überlegte kurz, dann sagte er fest entschlossen: „Ich fliege nach Finnland und werde den Weihnachtsmann besuchen.“ „Aber weißt du, wie kalt es dort ist? Dir ist es doch häufig schon hier zu kalt, weil du die Temperaturen aus Afrika gewohnt bist.“ „Da hast du recht, aber dies ist eine sehr wichtige Angelegenheit.“ Dann kramte er seine wärmste Mütze und seinen flauschigsten Schal aus dem Schrank, gab Storchi einen Kuss auf ihren spitzen Schnabel, öffnete das Wohnzimmerfenster und setzte zum Flug an. Noch aus der Luft rief er: „Pass gut auf dich und die Kinder auf! Vor Heiligabend werde ich wieder zurück sein!“

Es war ein anstrengender Flug. Vor allem die näher rückende Kälte machte Frido zu schaffen, doch er biss seinen Schnabel zusammen und dachte sich immer wieder: „Da muss ich jetzt durch.“

Irgendwann sah er aus der Luft nur noch weiße Landschaften. Das war ein Zeichen, dass er seinem Ziel ganz nahe war. „Nur wie finde ich jetzt den Weihnachtsmann?“, dachte Frido voller Sorge. Er wusste zwar, dass er in einer Hütte im Wald wohnt, doch vor lauter Bäumen konnte er keine Hütte sehen. „Und selbst wenn ich eine sehe“, grübelte er, „woher soll ich wissen, dass es die Hütte des Weihnachtsmannes ist?“ Der Gedanke war noch gar nicht zu Ende gegrübelt, da sah er einen roten Schlitten und ein Rentier ganz in der Nähe einer Hütte. „Hier muss er wohnen!“ Sofort setzte Frido zur Landung an. Dank des schneebedeckten Bodens war es eine sehr weiche Landung, doch eines war klar: Seine Füße würden es nicht lange aushalten. Also marschierte er schnellen Schrittes auf die Hütte zu. „Wohnt hier der Weihnachtsmann?“, fragte er das Rentier. Doch dieses sagte kein Wort, sondern machte mit seinem Kopf nur eine Bewegung, die in Richtung Hütte zeigte. Jetzt war Frido aufgeregt. Er ging bis vor die Tür, hob den Metallring, der am Holz befestigt war, leicht an und ließ ihn wieder los. Es machte Klopf, klopf. Als er Schritte hörte, begann sein Herz immer stärker zu pochen.

Ein rot gekleideter Mann mit einem langen, weißen Bart öffnete schließlich die Tür. „Frido, was führt dich denn zu mir?“, fragte der Mann völlig überrascht. „Woher kennt er mich?“, dachte Frido, doch dann fiel es ihm ein. „Natürlich kennt er mich. Das ist doch der Weihnachtsmann.” Frido war so aufgeregt, dass er keinen einzigen Ton herausbrachte. „Mensch, du zitterst aber“, sagte der Weihnachtsmann mit besorgter Stimme. „Komm erstmal rein, damit du dich aufwärmen kannst.“

Während sich Frido am Kamin aufwärmte, bereitete der Weihnachtsmann zwei Tassen Heiße Schokolade zu. Erst, als sie gemeinsam auf dem Sofa saßen, begann Frido zu sprechen: „Du hast doch sicherlich mitbekommen, dass Storchi und ich in diesem Jahr unsere Kinder Filo, Fanni und Flori bekommen haben.“ „Aber natürlich! So etwas mitzubekommen, ist mein Job.“ „Aber hast du auch das mit dem Lockdown mitbekommen? Alle Geschäfte sind zu! Und das so kurz vor Weihnachten! Wie sollen unsere Kinder Geschenke bekommen, wenn du sie nicht mehr kaufen kannst?“ Der Weihnachtsmann spürte Fridos Sorge, doch dann begann er zu schmunzeln und sagte: „Ach Frido, ich mache meinen Job jetzt schon so viele Jahre.“ „Aber, aber“, stotterte Frido, „ich habe vorhin bei der Eingangstür nur zwei Geschenke gesehen. Damit kommst du doch nicht weit.“ In diesem Moment erhob sich der Weihnachtsmann vom Sofa. „Folge mir Frido, ich will dir etwas zeigen.“

„Wo will er nur hin?“, dachte Frido, als sie eine Treppe hinuntergingen, die sie zu einem langen Gang führte. „Hast du Lust auf eine kleine Wanderung?“, fragte der Weihnachtsmann. „Was für eine Wanderung?“, fragte Frido ganz erstaunt zurück, doch da marschierte der Weihnachtsmann schon los. Frido verstand die Welt nicht mehr. Nach jedem Meter war auf der rechten und linken Seite eine verschlossene Tür zu sehen. An den Wänden hingen Whiteboards, auf denen lauter Namen standen. Außerdem herrschte ein reger Betrieb. Immer wieder flitzen zwergähnliche Wesen auf Rollern an ihnen vorbei. Die Beiden redeten kein Wort miteinander, bis der Weihnachtsmann nach einer Stunde und fünf Kilometern Fußweg plötzlich vor der letzten Tür stehen blieb. Er holte einen Schlüssel aus seiner Tasche, steckte ihn ins Schlüsselloch und drehte ihn vorsichtig um. Als sich die Tür langsam öffnete, kam Frido aus dem Staunen nicht mehr heraus.

„Heißt das etwa…“, begann er zu stottern. „Ganz genau“, unterbrach ihn der Weihnachtsmann, „hinter jeder Tür verbirgt sich ein Raum, der bis zur Decke voll mit Geschenken ist. In diesem Jahr war es für meine Mitarbeiter und mich eine ganz besondere Herausforderung. Da wir jederzeit mit einem weiteren Lockdown rechnen mussten, haben wir schon im Frühjar, direkt nach dem ersten Lockdown, mit dem Einkauf begonnen.“ Frido war sprachlos. Es war ihm nicht klar, dass der Weihnachtsmann Chef eines richtigen Unternehmens ist. Jetzt wollte er mehr wissen: „Wie viele Räume sind es?“ „Wir sind fünf Kilometer gelaufen“, sagte der Weihnachtsmann, „und nach jedem Meter kam auf beiden Seiten eine Tür, die in einen Raum führt.“ Frido grübelte: „Wenn fünf Kilometer gleich fünftausend Meter sind, dann muss man einfach fünftausend mal zwei rechnen, also zehntausend Räume. Er wollte es noch genauer wissen und fragte: „Wie viele Geschenke sind in einem Raum?“ „Zweitausend Geschenke pro Raum“ antwortete der Weihnachtsmann. „Der Platz ist genau berechnet.“ In diesem Moment ging Frido zu einem der Whiteboards, nahm einen Stift in seinen Flügel und begann zu rechnen:

„Ok, das wären dann zwanzig Millionen Geschenke“, murmelte Frido. Dann überlegte er und sagte: „Aber auf unserer Erde leben doch rund 7,7 Milliarden Menschen. Und wenn wir noch alle Klassentiere dazuzählen, kommen wir bestimmt auf eine Gesamtbevölkerung von 8 Milliarden.“ Der Weihnachtsmann schmunzelte und sagte: „Sollen wir eine Etage tiefer gehen?“ „Heißt das, es gibt mehrere Etagen?“ Sofort wendete sich Frido wieder dem Whiteboard zu. Als der Weihnachtsmann jedoch sah, dass ihm diese Rechnung zu kompliziert wurde, begann er zu sprechen: „Damit alle Menschen und Klassentiere zu Weihnachten ein Geschenk bekommen können, geht mein Unternehmen mittlerweile 400 Etagen in die Tiefe.“ Jetzt fehlten Frido die Worte und er dachte sich nur: „Die Dinge sind tatsächlich nicht so, wie sie scheinen. Wer hätte gedacht, dass sich unter dieser kleinen Hütte im Wald ein so riesiges Unternehmen befindet!?“ Auf dem Rückweg wollte er nur noch eine Sache wissen: „Kannst du mir verraten, was dein Unternehmen so erfolgreich macht?“ „Naja, es ist eigentlich ganz einfach“, sagte der Weihnachtsmann. „Ich stecke all meine Liebe in die Arbeit, welche darauf ausgerichtet ist, die Menschen zu beschenken und ihnen eine Freude zu machen. Wer gibt, der bekommt auch zurück. So wurde ich mit den Jahren immer erfolgreicher und konnte mir ein großes Imperium unter der Erde aufbauen. Aber was interessierst du dich eigentlich so sehr für die Unternehmensführung? Du arbeitest doch als Klassentier“ „Man weiß nie, wofür es gut ist!“, entgegnete Frido.
Als die beiden wieder zurück in der Hütte waren, schlürften sie ihre mittlerweile kalt gewordene Schokolade aus. Plötzlich hörten sie ein lautes Brumm, brumm, brumm … „Was ist das für ein Geräusch?“, fragte Frido. Der Weihnachtsmann schien es zu wissen, öffnete sofort das Fenster und begrüßte den Paketboten. „Unsere aktuelle Arbeit besteht darin, die noch fehlenden Geschenke online zu bestellen.“, sagte er zu Frido. Sie nahmen die Pakete durch das geöffnete Fenster entgegen und es dauerte nicht lange, da kam auch schon einer der Mitarbeiter vorbei und beförderte die Pakete in den Geschenkpapierraum.

Doch dann, ganz plötzlich, begann der Weihnachtsmann mit unsicherer Stimme zu stottern: „Frido, ich habe dir bei unserem kleinen Ausflug erzählt, was mein Unternehmen so erfolgreich macht. Aber in jedem erfolgreichen Unternehmen kommt es hin und wieder auch mal zu Komplikationen.“ Frido wusste nicht, worauf der Weihnachtsmann hinaus wollte. Er wurde in seiner Stimme noch unsicherer. „In diesem Jahr gab es eine Komplikation, die leider dich betrifft“. „Was hat das nur zu bedeuten?“ fragte sich Frido. „Ich wusste einfach nicht, was ich dir schenken soll!“, sagte der Weihnachtsmann ganz verzweifelt. Frido wurde traurig. Wenn man ganz genau hinschaute, sah man sogar, dass ihm eine kleine Träne über den Schnabel rollte. Das war für den Weihnachtsmann schwer zu ertragen, denn sein Job war es doch, seinen Kunden ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. „Es muss eine Idee her“, murmelte er ganz verzweifelt, „es muss eine Idee her.“ Er hatte gerade aufgehört zu murmeln und schaute aus dem Fenster, da rief er ganz aufgeregt: „Ich hab´s! Ich weiß doch, wie gerne du zum Fliegen ein Fluggerät benutzt.“ Jetzt schaute auch Frido aus dem Fenster und ahnte etwas. „Du darfst dich in meinen Schlitten setzen und mein Rentier wird dich nach Hause fliegen“, verkündete der Weihnachtsmann ganz aufgeregt. Fridos Träne hatte sich sofort in Luft aufgelöst. „Wirklich?“, staunte er. „Das ist ja das abenteuerlichste Geschenk, das du mir jemals gemacht hast.“ „Das ist nur mein Job. Und es wäre mir eine große Ehre, wenn du die Geschenke für Filo, Fanni, Flori und Storchi gleich mitnimmst und unter euren Tannenbaum legst.“ „Nichts lieber als das!“, freute sich Frido.

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